Geschätzte Pfarrangehörige!

 

MUSS ES NUR FASTEN SEIN?

 

„Jetzt ist sie da, die Zeit der Gnade; jetzt ist er da, der Tag der Rettung.“ (2 Kor 6,2)

So hat die zweite Lesung am Aschermittwoch geendet. Die Zeit, von der da gesprochen wird, ist die Fastenzeit, der Weg zum Osterfest. Fastenzeit, ein sehr begrenzter Begriff, weil nur ein Aspekt der Periode erwähnt ist. Man hat versucht, den Ausdruck „die vorösterliche Bußzeit“ als den umfassenderen Begriff zu etablieren. Allerdings wird auch diese Bezeichnung der Periode auf dem Weg zu Ostern nicht gerecht. Fasten oder Buße sagt nicht alles über diese Zeit der Gnade und Rettung aus.

Deshalb scheint mir der Begriff des lateinischen Originals in diesem Sinne besser. Da heißt es einfach Quadragessimae, die vierzig Tage. Diese Bezeichnung mag leer klingen, aber gerade dies bietet uns die Möglichkeit, alles auszuschöpfen, jeder wie er kann, was diese Zeit eben an Gnade für uns parat hält. Womit fülle ich für meinen Teil diese Zeit der Gnade, die Quadragessimae, dass sie für mich Gnade und Rettung bringend wird?

Viele Menschen können sehr schwer fasten, aber dafür können sie länger und inständiger beten. Andere wiederum können nicht lange beten, aber sie können viele Almosen geben oder viele und lange Besuche bei Kranken machen. Wieder andere Menschen können dies alles nicht so gut, dafür aber können sie für andere Menschen da sein; für sie stellvertretend Buße tun, Sühne darbringen, für sie und mit ihnen Tränen vergießen. Viele Menschen haben ein Gespür dafür, Not zu sehen und darauf aufmerksam zu machen, damit andere, die es können, helfen. Viele würden sehr gerne an den verschiedenen Gottesdienstformen teilnehmen, aber aus welchen Gründen auch immer können sie es nicht, sie können allerdings ihre derzeitige Situation oder ihren Leidensweg als Opfer darbringen für alle und für sich selbst. Wie schaut es aus mit der Wohnungsnachbarin, die gerade als allein erziehende Person mit den Kindern und ihrer Arbeit nicht zurechtkommt? Könntest du vielleicht etwas für sie tun? Oder deine hartnäckige, zerstörende Gewohnheit, die dich zugrunde richten will? Kannst du mit ihr in die Wüste dieser Zeit gehen und sie dort besiegen?

 

Ja, Quadragessimae können doch mit verschiedensten Tugenden, guten Werken, Entsagungen und Aufopferungen ausgefüllt werden. Dann ist das Osterfest der Tag der Rettung. Es muss nicht immer NUR Fasten sein.

 

Fruchtbringende Quadragessimae wünsche ich Ihnen!

 

Pfarrer Nikolas O. Abazie